Bauteilverschlüsse - Mach mal das Loch zu!
Ob Neubau oder Bestandsgebäude, es gibt viele Öffnungen, die verschlossen werden müssen. Es geht nachfolgend nicht um das sprichwörtliche Loch, das der Maurer oder Zimmermann gelassen hat. Es geht um den Verschluss von Öffnungen, die im Zusammenhang mit Leitungsdurchführungen durch raumabschließende Bauteile herzustellen sind. Was in der Theorie oft so simpel und eindeutig erscheint, muss in der praktischen Umsetzung noch lange nicht einfach sein.
Öffnungsverschlüsse in geprüften Konstruktionen
Wenn Abschottungen und die Qualität der Ausführungen bewertet werden sollen, ist es zunächst hilfreich, den jeweiligen Verwendbarkeitsnachweis der Ausführung zu kennen. Wer aus beruflichen oder persönlichen Gründen die Zusammenhänge umfassender verstehen möchte, sollte sich die jeweiligen Prüfnorm(en), die Grundlagen des Prüfungsaufbaus und der -durchführung unter das Kopfkissen legen und gelegentlich darin lesen.
Gehen wir gedanklich davon aus, die raumabschließenden Bauteile Wand / Decke wurden geöffnet und Leitungsanlagen durchgeführt. In den Ausschreibungen erfolgt die allgemeine Beschreibung mit Herstellung von feuerbeständigen Abschottungen in Massivwänden oder ähnlich. Aktuell werden viele Systeme auf Grundlage der DIN EN 1366-3 erarbeitet. Das betrifft Ausführungen, die auf Anordnung einer Wärmedämmung funktionieren. Also die eierlegende Wollmilchsau unter den Abschottungssystemen.
Was wird mit der Prüfung nach DIN EN 1366-3 nachgewiesen?
Das System soll für eine vorbestimmte Zeit
- den Raumabschluss und die wärmedämmende Wirkung des Bauteils aufrecht erhalten;
- den Raumabschluss und die wärmedämmende Wirkung der Abschottung aufrecht erhalten;
- den Wärmestrom durch die durchgeführten Leitungsanlagen begrenzen.
Was wird mit diesem Verwendbarkeitsnachweis nicht nachgewiesen?
- Das System muss keine Last des Bauteils aufnehmen können.
- Das System muss keine Bewegungen der Baukörper und oder der Installationen kompensieren können.
- Das System gibt keinen Aufschluss über die Rauchgasdichtigkeit der Ausführung. Diese Leistungen werden zwar innerhalb der Prüfung dokumentiert, fließen aber nicht in den Nachweis ein.
Wenn weitergehende Anforderungen an die Abschottungen gestellt werden sollen, müssen diese in den Leistungsbeschreibungen erkennbar benannt werden.
Information: Abschottungssysteme, deren Leistungsfähigkeit nach breit gefächerten Normen nachgewiesen werden, können nicht alle eventuellen Brandszenarien abdecken. Sie sind auf häufig wiederkehrende Leistungen abgestellt. Das ist kein Mangel! Das ist ein notwendiges und legitimes Mittel zur Begrenzung des Prüfaufwandes und der Prüfkosten.
Verschlüsse innerhalb der Abschottung
In vielen Verwendbarkeitsnachweisen werden verschiedene Ausführungsvarianten der Fugenverschlüsse in Abhängigkeit von den Fugenbreiten und den Bauarten der Wände und Decken angegeben. Die darin konkret benannten Bauprodukte können nur dann gegen andere Materialien getauscht werden, wenn deren Gleichwertigkeit zweifelsfrei nachgewiesen wird. Anderenfalls ist das Originalprodukt zu verwenden.
Verschluss hin oder her. Die Ausführung muss geeignet sein, um die Punkte a bis c zu erreichen. Ein Fugenabriss oder eine Verschiebung des Verschlusses führen bei nach DIN 1366-3 geprüften Systemen nicht automatisch zum Versagen. Der Fugenabriss darf aber nicht die wärmedämmende Wirkung des Bauteils oder der Abschottung negativ beeinflussen!
Für die Anforderungen an den Fugenverschluss gibt es in den Nachweisen klare Vorgaben. Im Beispiel sind Anforderungen an den Fugenverschluss in Massivbauteilen beschrieben.
"Der maximal b=50 mm breite Ringspalt zwischen der Rohrisolierung und der Bauteillaibung muss in gesamter Bauteildicke hohlraumfüllend dicht mit formbeständigen, nichtbrennbaren Baustoffen wie z. B. Mörtel, Beton oder Gips verschlossen werden." Quelle: P-3126/167/14-MPA BS
Das ist eine Anhäufung von Vorgaben die unstrittig zu sein scheinen. Doch was ist damit gemeint?
in gesamter Bauteildicke ...
Auch wenn die Mindestdicken der Bauteile im konkreten Zulassungsfall 100 bzw. 150 mm sein müssen, kann das zu verschließende Bauteil in der Realität 240 mm unverputztes Mauerwerk sein. Muss man jetzt mindestens 100 mm tief oder die gesamte Bauteiltiefe verschließen? Sie müssen die gesamte Bauteiltiefe, jedoch mindestens 100 mm tief verschließen! Die Leistungsfähigkeit bleibt dabei bei den nachgewiesenen 90 Minuten. Es werden nicht 90 MinutenPlusXXL daraus. Der praktische Pluspunkt ist etwas versteckter. Wenn die gesamte Konstruktion irgendwo einen Minuspunkt hat, Mangel klingt so negativ, kann man einen um 140 mm tieferen Verschluss argumentativ als "Pflaster" nutzen.
hohlraumfüllend dicht ...
Selbstverständlich haben Teile von Zementtüten nichts im Verschluss zu suchen. Das muss man nicht erklären. Was ist mit einer groben, nichtverdichteten Betonfüllung? Die wäre zwar von der Materialauswahl her geeignet, weist aber so viele Hohlräume auf, dass dieser Verschluss nicht als dicht angesehen werden kann. Die Prüfnorm sieht nicht die quantitative Feststellung der Rauchgasdurchdringungen vor. Wo aber Hohlräume sind, kommt es zur Konvektion des Wärmeeintrages, folglich zur nennenswerten Wärmeleitung und ein vorzeitiges Überschreiten der maximal zulässigen Temperaturerhöhungen ist zu erwarten. Nicht die Rauchgase können für die Funktionen dieser Abschottungen kritisch werden, sondern der Wärmedurchgang, die unzureichende isolierende Wirkung.
mit formbeständigen, nichtbrennbaren Baustoffen
Im Allgemeinen kann nicht davon ausgegangen werden, dass Mineralwolle beim Einbau manuell so hoch verdichtet werden kann, dass sie formbeständig ist. Wenn Mineralwolle mit einem Schmelzpunkt größer 1000 °C zur Fugenverfüllung genutzt werden darf, so steht das konkret in der Beschreibung. Formbeständig ist ein Stoff dann, wenn er ohne äußere Einflüsse in der vorbestimmten Form verharrt. Die Nichtbrennbarkeit des Bauproduktes wird in den Technischen Datenblättern der Bauprodukte im Feld Brandklasse mit A1 oder A2 angegeben. Differenzen zwischen A1 und A2 und zwischen den Prüfnormen lasse ich jetzt unbeachtet. Der Verarbeiter darf sich im Vertrauensschutz auf die technischen Angaben des Herstellers (Inverkehrbringers) berufen.
wie zum Beispiel Mörtel, Beton oder Gips ...
Mit wie zum Beispiel fängt eine offene, nicht abgeschlossene Aufzählung an, um die Formbeständigkeit nichtbrennbarer Bauprodukte plausibel zu erläutern. Natürlich sind auch weitere Stoffe einsetzbar. Entscheidend für die Materialauswahl sollte nicht der Sachverhalt sein, dass dieser Sack gerade verfügbar ist. Das Material muss nichtbrennbar und nach Aushärtung formbeständig sein. Es muss aber auch für einen sicheren Verschluss in diesem Bauteil geeignet sein. Die verschiedenen Mörtelarten und weiteren Mischungen sind für unterschiedliche Anwendungen / Fugenbreiten / Dicken konfiguriert. Wenn das Material in der Trocknung Risse bildet, kann die Wärmedämmende Wirkung des Bauteils, der Abschottung unzureichend sein.
Fazit:
Mit mach mal das Loch zu, ist noch kein Blumentopf zu gewinnen. Hinterfragen Sie vorher, was mit dem Prüfzeugnis tatsächlich bestätigt wird und welche Vorgaben einzuhalten sind. Wesentliche Leistungen, die mit diesem Nachweis nicht abgesichert sind, werden schnell überlesen stehen aber ganz klar im Prüfzeugnis.
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